Samstag, 6. Juni 2009

53 // Die Bundeskanzlerin

53/365 // die bundeskanzlerin // June 6th

Gestern noch in Dresden, um den Amerikanischen Präsidenten Barack Obama zu treffen und dann gemeinsam das Konzentrationslager in Buchenwald zu besuchen, und heute tatsächlich hier, in Heidelberg, die letzte Station des Europa-Wahlkampfes der CDU.
Also hab ich mich aufgemacht zum Uniplatz, war 12.30 da, und 12.35 übernahm sie das Mikrophon. Der Uniplatz platzte natürlich schon aus allen Nähten, nur annähernd nah ran zu kommen war ein Ding der Unmöglichkeit - aber ein Bild von Angela Merkel wollte ich dann doch schon irgendwie bekommen :)

Sie ist live wie im TV, sehr authentisch und sehr klein ;) Und hat Witz. Während sie ihre Ansicht zur Debatte, ob die DDR ein Unrechtstaat war, schilderte, tönten erneut die Demonstranten auf. Und während sie noch die nicht vorhandenen Rechte in der DDR aufzählt, schob sie bei der fehlenden Rede- und Pressefreiheit ein erheiterndes Kommentar für die Protestanten ein: "Jawohl, sie könnten sonst hier nämlich gar nicht während meiner Rede so rum schreien". Insgesamt fand ich, rhetorisch ist sie gar nicht so schlecht!

Auch wenn es nicht direkt den Eintrag betrifft: die Rede von Elie Wiesel, einem KZ-Überlebenden und Friedensnobelpreisträger, fand ich sehr bewegend. Er hielt sie gestern beim Besuch in Buchenwald zusammen mit Angela Merkel und Barack Obama. Bild.de druckte Auszüge aus der Rede:

„Als mein Vater starb, war das einer der dunkelsten Tage meines Lebens. Ich war krank und schwach, er war krank und schwach, und ich sah alles mit an. Ich war dabei, als er leiden musste, als er um Hilfe bat. Um Wasser. Ich war da und hörte seine letzten Worte. Aber ich war nicht wirklich da, als er meinen Namen rief, obwohl wir doch im selben Block untergebracht waren. Mein Vater lag im oberen Teil des Bettes, ich lag unten. Er rief nach mir. Doch ich hatte zu viel Angst, mich zu bewegen. Wir alle hatten zu viel Angst, uns zu bewegen. Dann starb er. Und ich war da und war doch nicht da.
Immer habe ich gedacht: Eines Tages werde ich vielleicht zurückkommen. Dann werde ich mit ihm sprechen und ihm sagen, wie die Welt sich entwickelt hat. Wie meine Welt jetzt aussieht. Ihm sagen, dass sich die Zeit so entwickelt hat, dass Erinnerungen jetzt die heilige Pflicht aller Menschen sei, die guten Willens sind. In Amerika, dort wo ich jetzt lebe. Aber auch in Europa, in Deutschland, wo Sie, Frau Bundeskanzlerin, die Regierung übernommen haben, mit großem Mut und großer moralischer Verantwortung.
Kann ich meinem Vater jetzt sagen, dass die Welt gelernt hat? Ich bin mir da nicht so sicher. In Sie, Herr Präsident, setzen wir große Hoffnungen. Auch weil Sie, mit moralischem Blick auf die Geschichte, fähig sind und sich verpflichtet fühlen, diese Welt zu einem besseren Ort zu machen (...)
Ich wurde 1945 von der amerikanischen Armee befreit. Viele von uns waren damals davon überzeugt, dass die Menschen wenigstens eine Lektion gelernt hätten: Nie wieder Krieg! Und Hass ist kein Ausweg. Rassismus ist Dummheit und Totalitarismus darf nie wieder die Köpfe der Menschen erobern (...)
Deshalb sagen wir jedem, der hier nach Buchenwald kommt, geh zurück, erinnere dich! (...) Damit die Menschen überall in der Welt sagen: Das 21. Jahrhundert ist ein Jahrhundert des Neubeginns, der Versprechungen, der Hoffnung und der Dankbarkeit für alle, die an diese Aufgabe glauben (...)
Danke, Herr Präsident, dass Sie mit mir hierher zurückgekehrt sind. Hier an das Grab meines Vaters, das immer noch in meinem Herzen ist.“

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen